Bibelstudie der Apostolischen Pfingstgemeinde Wortstudien |
Bibel College Leipzig (Studien) Fach: Exegese |
Über die Sünde (Hamartia und
Hamartanein)
Sünde erste Lektion von zwei - bezogen auf den griechischen Urtext
Hamartia ist das gebräuchlichste neutestamentliche Wort für Sünde. Hamartanein ist das gebräuchlichste Verb für sündigen. In den Briefen des Apostels Paulus kommt das Wort „Sünde“ mindestens 60 mal vor und insgesamt im NT 174 mal. Hamartanein bedeutet im profan-griechisch, das Ziel verfehlen, bzw. den Weg verfehlen. Im NT bezeichnet hamartia oft keine bestimmte Tat, sondern einen Zustand, aus dem dann Übertretung des Gesetzes die Folge ist. Paulus schreibt von einer zerstörerischem Kraft, welche die Menschen beherrscht.
1. Das NT lehrt uns über hamartia
Sünde ist universal
Sünde ist nicht wie eine Krankheit, von der manche Menschen befallen und vor der andere verschont werden. Es ist etwas, in das alle Menschen verstrickt sind und dessen jeder einzelne Mensch schuldig wird. Sünde ist kein gelegentlicher Ausbruch, sondern der Zustand aller Menschen.
Sünde ist eine Macht, die den Menschen in ihrer Gewalt hat.
Die Wörter, die im griechisch benutzt werden „huph hamartian“, bedeuten wörtlich: „unter der Sünde“. Diese Präposition hupo mit dem Akkusativ , wie hier, bedeutet „in Abhängigkeit von . . . unter der Kontrolle von .“ Ein Kind z. B. ist „unter seinem Vater“, ein Armee steht „unter seinem Kommandeur“, - der Mensch ist „unter der (Herrschaft) der Sünde“.
Bestimmte griechische Redewendungen machen dies immer wieder deutlich.
Von der Sünde wird gesagt, daß sie über den Menschen herrscht „basileuein“. (Basileus = gr. König)
Die Sünde spielt sich als Herr über den Menschen auf „kyrieuein“
(Kyrios = gr. Herr, bedeutet absolutem „Besitz“, absoluter „Herrschaft“ )
Die Sünde nimmt den Menschen gefangen „aichmalotizein“
(Das Wort wird gebraucht für „im Krieg einen Gefangenen machen“)
Die Sünde wohnt in den Menschen „oikein, enoikein“.
Die Sünde wirkt nicht einfach von außen am Menschen, sondern ist in sein innerstes Sein eingedrungen und ganz hat von ihm Besitz ergriffen, so wie ein Feind ein Land in Besitz nimmt.
Das Resultat ist, daß der Mensch ein „Sklaven der Sünde“
wurde „doulos, douleuein“.
Zur Zeit der Niederschrift hatte der Herr über seinen Sklaven absolute Gewalt. Es gab keinen Lebensbereich, keinen Augenblick in dem Leben eines Sklaven, den er für sich persönlich beanspruchen konnte. Er gehörte ganz und gar seinem Herrn. Genauso ist der Mensch Sklave der Sünde.
2. Es gibt einen sehr engen Zusammenhang in den griechischen biblischen Schriften zwischen „Gesetz“ und „Sünde“, „nomos“ und „hamartia“.
Das Gesetz lehrt, was Sünde ist.
Die Sünde wird Sünde durch das Gesetz
Eine Tat oder Unterlassung ist nicht Sünde, ehe sie nicht als solche durch ein Gesetz zur Sünde erklärt wird. Gäbe es kein Gesetz, könnte der Mensch keiner Übertretung schuldig werden. Es ist wie mit der Straßenverkehrsordnung. Im der ehemaligen Bundesrepublik durfte man auf der Autobahn so schnell fahren wie man konnte oder wollte. Sobald man aber in die ehemalige DDR kam gab es das Gebot nur 100 km/h auf der Autobahn zu fahren. Wer schneller fuhr, hatte das Gesetz übertreten. Der Erlaß der Verordnung hat die Möglichkeit zur Übertretung geschaffen.
Die Sünde wird durch das Gebot (Gesetz) reizvoll
Noch in einem anderen Sinn entsteht die Sünde durch das Gesetz. Etwas Verbotenes besitzt eine merkwürdige Anziehungskraft. Etwas in der menschlichen Natur läßt das Verbotene besonders anziehend erscheinen. Das bedeutet aber, das das Gesetz zwei wesentliche Mängel hat. Es kann die Sünde zwar kenntlich machen, aber nicht beseitigen. Es ist wie ein Arzt, der eine Krankheit feststellen, sie aber nicht heilen, ja nicht einmal hemmen kann. Zum anderen besteht die seltsame und fatale Tatsache, daß durch das Verbot die Dinge anziehend werden. Hier sehen wir die unentwirrbare Verbindung zwischen hamartia und nomos, Sünde und Gesetz.
3. Konsequenzen der Sünde.
Sünde bewirkt eine Verhärtung des Herzens.
Das Wort, das hier für Verhärtung gebraucht wird, ist sklerynein. Skleros kann für einen Stein gebraucht werden, der besonders hart und daher schwer zu bearbeiten ist; man kann es auch für einen König anwenden, der seine Untergebenen unmenschlich und hart behandelt. Sünde verhärtet das Herz. Wir wissen aus Erfahrung, daß der Mensch, wenn er zum erstenmal ein Unrecht begeht, dies mit innerem Widerstreben tut ; zum zweitenmal tut er es viel leichteren Herzens. Falls er in diesem Unrecht fortfährt, denkt er sich schließlich gar nichts mehr dabei. Er hat kein Empfinden mehr für die Sünde; sein Herz ist verhärtet. (Pharao im AT beim Auszug)
Sünde hat den Tod zur Folge
Dies ist in zweifacher Weise wahr. Der Apostel Paulus zeigt, daß der Tod durch die Sünde Adams in die Welt gekommen ist. Die Sünde zerstörte das Leben, das Gott für den Menschen im Sinn hatte. Die Sünde hat aber auch den Tod der Seele im Gefolge. Leiblicher und geistlicher Tod sind, nach Paulus, beide das Resultat der Sünde. Die wirkliche Bedeutung eines Wortes ergründet man am besten, wenn man die anderen Wörter untersucht, in deren Verbindung es am meisten gebraucht wird.
4. Begriffe mit denen hamartia im NT verbunden ist.
Hamartia steht im Zusammenhang mit blasphemia
Die Grundbedeutung dieses Wortes ist beleidigen, beschimpfen, lästern. Sünde ist demnach eine Beleidigung Gottes. Es beleidigt Gott, wenn wir seine Gebote verspotten, das eigene Ich an die Stelle zu setzen, die nur ihm gebührt und vor allem, seine Liebe zu kränken.
Hamartia steht in Verbindung mit apate
Apate bedeutet Falschheit, Hinterlist, Betrug. Sünde ist immer falsch, sie verspricht etwas, was sie nicht halten kann. Sünde ist immer eine Lüge. Jeder Mensch, der sündigt, der etwas Verbotenes tut oder etwas Verbotenes nimmt, tut es, weil er meint, dadurch glücklicher zu werden. Die Sünde gaukelt ihm dieses Glück vor. Die Erfahrung lehrt aber, daß eine unrechte Tat, oder unrechter Besitz niemals einen Menschen glücklich gemacht haben im Gegenteil es kommt zum eigentlichen Vergehen noch die beständige Furcht vor der Entdeckung.
Hamartia finden wir im Zusammenhang mit epithymia Lust, Begehren
Epithymia ist ein „Verlangen nach verbotenen Vergnügen“. Die Stoiker fügten dieser Begriffsbestimmung hinzu, daß dieses Verlangen „über die Grenzen der Vernunft hinausgeht“. Epithymein ist das Verb, das in der griechischen Übersetzung des 10. Gebotes gebraucht wird, „Laß dich nicht gelüsten“'. Wenn eines Menschen Herz so gereinigt werden könnte, daß es kein Verlangen mehr nach unrechten Dingen hätte, würde der Mensch aufgehört haben zu sündigen.
Hamartia wird gleichgestellt mit anomia
Anomia bedeutet Gesetzlosigkeit. Die Sünde gibt dem Menschen das Verlangen ein, genau das zu tun, was ihm beliebt. Anomia weckt im Menschen das Begehren, seine eigenen Wünsche über seine Pflicht gegenüber anderen zu stellen, ja selbst über den Gehorsam Gott gegenüber. Anomia entspringt im Grunde genommen dem Verlangen, sich selbst und nicht Gott zum Mittelpunkt des Lebens zu machen.
Hamartia ist gleichbedeutend mit adikia Unrecht, Ungerechtigkeit, Verderbtheit
Es ist das Gegenteil von dikaiosyne Gerechtigkeit. Dikaiosyne kann erklärt werden mit Gott und Menschen das geben, was ihnen zukommt. Adikia bedeutet dann das Gott und Menschen gleicherweise Zustehende versagt. Sünde läßt den Menschen sich selbst anbeten und vergißt oder verweigert Gott und den Mitmenschen zu dienen. Der Mensch in der Sünde benimmt sich so, als ob er das wichtigste Wesen im Universum sei.
Hamartia steht im Zusammenhang mit prosopolepsia Ansehen der Person
Ansehen der Person kommt durch das Anlegen menschlicher statt göttlicher Maßstäbe an die Welt, das Leben und die Menschen im allgemeinen. Die Sünde akzeptiert die Grundsätze der Welt anstelle der göttlichen Gesetze, sie beurteilt die Dinge so, wie Menschen sie sehen und nicht wie Gott sie sieht.
WAS KANN UNS VON DER SÜNDE (harmartia) RETTEN?
5. Wörter die beschreiben, was Jesus für uns getan hat in bezug auf die Sünde.
Jesus errettet „sozein“ den Menschen von der Sünde
Die Menschen brauchen einen Retter. Die Rettung ist durch Jesus geschehen und kostete ihn das Leben.
Die Sünden sind ausgetilgt „exaleiphein“
Im Altertum enthielt die Tinte keine Säure; man konnte sie daher abwischen, wenn man Pergament oder Papyrus nochmals beschriften wollte. Durch das Werk Jesu wurde unsere Sünde gelöscht, weggewischt.
Durch Jesus sind die Sünden abgewaschen „apolouein“, der Mensch
wird gereinigt „katharismos“
Unser Leben war beschmutzt und befleckt durch die Sünde; Jesus hat die Macht, es zu reinigen, so wie der Regen eine Straße reinwäscht.
Die Gnade Gottes hat einen dichten Schleier über unsere Sünde gedeckt
„epikalyptein“
Das Verb epikalyptein wird benutzt, um auszudrücken, daß ein Weg durch Schnee unkenntlich gemacht wird, daß jemand seine Augen bedeckt, so daß er nicht sehen kann, daß ein Schleier über etwas gezogen wird. Gott zieht in seiner Barmherzigkeit einen Schleier über unsere traurige Vergangenheit und sieht sie nie wieder an.
Durch die Gnade Gottes wird uns unsere Sünde nicht angerechnet „logizesthai“
Logizesthai entstammt dem Wortschatz des Buchhalters, es bedeutet, jemandes Konto belasten. Der Gedanke hier ist der, daß die Sünde uns unwiderruflich in Gottes Schuld gesetzt hat; wir sind unfähig, diese Schuld jemals zu begleichen. Das Buch des Lebens zeigt unsere unendlich große Schuldenlast auf. Aber Gottes große Gnade streicht die ungeheure Schuldsumme, die wir niemals zahlen können, aus unserem Konto.
Durch das Werk Jesu sind wir von der Sünde befreit „eleutheroun“,
Wir sind erlöst „lyein“
Eleutheroun bedeutet jemand die Freiheit schenken. Luein bedeutet jemand von seinen Banden losmachen. Wir haben schon gesehen, wie der Mensch zum Sklaven der Sünde wurde, .Jesus ist der allmächtige Befreier. Er zahlte das Lösegeld, das uns von der Vergangenheit befreit und gleichzeitig zur Freiheit für die Zukunft befähigt.
Das Kommen Jesu hat unsere Sünde aufgehoben, hat sie rückgängig
gemacht „athetesis“
Athetesis wurde im Griechischen gebraucht, um einen Vertrag oder ein Übereinkommen rückgängig zu machen. Wenn der Buchstabe des Gesetzes ausgeführt würde, hätten wir nichts als Verdammnis zu erwarten. Durch Christus ist unsere Schuld aufgehoben.
Durch Christus haben wir Vergebung „aphiesthai“.
Dies ist das bekannteste Wort für Sündenvergebung. Es kommt in jedem Teil des NT vor. Das Wort aphiesthai hat eine vielfältige Bedeutungen. Es kann gebraucht werden für die Befreiung eines Menschen von einem verhängten Urteil, z. B. für die Befreiung aus dem Exil und für die Erlassung einer rechtmäßig bestehenden Schuld. Man kann es benutzen für die Lossprechung eines Menschen von einem Urteilsspruch, der anderenfalls ausgeführt worden wäre, für die Befreiung von einer Verbindlichkeit, auf der man hätte bestehen können. Es kann gebraucht werden für das Lossprechen eines Menschen von einer Pflicht, zu deren Ausführung man ihn hätte zwingen können. Die grundsätzliche Bedeutung des Wortes ist unverdiente Befreiung von etwas, was man gerechterweise hätte auferlegen oder fordern können. Durch Jesus Christus ist der Mensch von der Todesstrafe befreit, die Gott zu Recht hätte vollstrecken können. Das Wort zeigt uns, daß Gott mit uns nicht nach Gerechtigkeit verfährt, sondern in Liebe, daß er nicht nach unserem Verdienst mit uns handelt, sondern der Barmherzigkeit und der Gnade Christi entsprechend. Es gibt kein Buch, welches das Grauen und die Abscheulichkeit der Sünde so aufzeigt wie das NT, aber es gibt auch kein Buch, das die Rettung und Heilung von der Sünde so unmißverständlich aufzeigt..